Das antike Weltbild war weitgehend aus der alltäglichen Erfahrung geschnitten. Die Erde ist unser Lebensraum, sie ist der Boden unter unseren Füßen, auf dem wir gehen und fahren können. Sie umfasst darüber hinaus das ganze Zusammenspiel der Elemente, in das wir eingebettet sind. Die Luft, die wir atmen, das Wasser, von dem alles Leben abhängt. 

Aristoteles charakterisierte die vier Elemente nach den erfahrbaren Qualitäten: Kalt und trocken ist das Element Erde, feucht und kühl das Wasser. Körper, die aus diesen Elementen zusammengesetzt sind, fallen nach unten, sie streben dorthin, dort ist ihr natürlicher Ort. Das trockene und heisse Feuer hingegen strebt und entweicht nach oben, ebenso alle luftartigen Dinge.

Diese Erfahrungen sind uns so in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir sofort hingreifen, wenn uns ein Gegenstand hinunter zu fallen droht.

Die Erde mit ihren unendlichen Weiten ist, als Ganzes betrachtet, eine Ebene, auch wenn sich darin Berge erheben. Und der Erdboden ist nicht nur Raum und Fläche, auf der wir uns fortbewegen können; die Erde ist fruchtbar und bringt Pflanzen aller Art hervor; wir können und müssen sie bearbeiten, um auf ihr Leben zu können.

Die Sonne geht im Osten auf, wandert im großen Bogen über uns nach Westen, wo sie wieder untergeht. So schafft sie Tag und Nacht und den zyklischen Lauf der Zeit.

Aber die Sonne und mit ihr alle Gestirne jenseits des Mondes, gehört eigentlich gar nicht mehr zur Erde. Sie gehören zum himmlischen Bereich, der gänzlich anders beschaffen ist. Es gibt keinen größeren Gegensatz als den zwischen Himmel und Erde.

Die Erde ist das Reich der Vergänglichkeit. Hier hat alles Anfang und Ende, es herrscht Werden und Vergehen. Ein Samenkorn keimt, Stängel und Blätter kommen hervor, die Pflanze wächst und gedeiht, blüht und trägt Früchte. Früher oder später beginnt sie aber zu welken und zu verfallen. Sie wird wieder zu Erde, zu fruchtbarem Humus, aus dem sie entstanden ist. Mit Mensch und Tier verhält es sich nicht viel anders.

Im Irdischen gibt es nur geradlinige, kurze Bewegungen. Ein Apfel fällt vom Baum und schon liegt er am Boden. Und auch die horizontale Bewegung, zu der wir einen Körper anstoßen, dauert nicht lange, nach kurzem Weg kommt er wieder zum Stillstand.

Wie völlig anders verlaufen dagegen die Geschehnisse am Himmel? Dort gibt es nur Kreisbewegung, die weder Anfang noch Ende hat, dort waltet Ewigkeit und göttliche Ordnung – schon Platon kam darüber ins Schwärmen. Dort herrscht das göttliche Gesetz. Das Bewegen und Erscheinen der Gestirne – von „Körpern“ war noch lange nicht die Rede – lässt sich exakt berechnen und voraussagen. Dort, bei den Astronomen und dann auch bei den Landvermessern (Geo-metrie) nahm wohl die Mathematik ihren Ausgang.

Es war schließlich Isaac Newton, dem es gelang, diese beiden so gegensätzlichen Bereiche in einem genialen und mutigen Entwurf zu vereinen. Mit seinem universalen Gravitationsgesetz setzte er an, dass die Gestirne, abgesehen von den riesigen Ausmaßen, im Wesentlichen nichts anderes seien, als die irdischen Körper, mit denen wir es alltäglich zu tun haben. In seinen „Principia Mathematica“ konnte er darstellen, dass es ein und dasselbe Gesetz ist, das den Apfel geradlinig nach unten fallen und die Planeten auf Ellypsenbahnen um die Sonne kreisen lässt.

Auch auf der Erde also – wo bisher die wilde, unberechenbare natura ihr Wesen trieb – herrschen somit in letzter Instanz die göttlichen Gesetze. Und es war ein strenger, monotheistischer Gott, den Newton verehrte, gekennzeichnet in erster Linie durch seine Allmacht und Kontrolle – das Auge Gottes sieht überall hin. Mit dem Bild der Dreifaltigkeit (Trinität), also mit einem Verständnis, das in Gott vor allem Beziehung sieht, konnte Newton wenig anfangen – obwohl er am „Trinity College“ arbeitete.

In seinen berühmten Axiomen legte er auch ein Modell fest, mit dem wir die Kräfte der Natur physikalisch konsistent erfassen können. Es gibt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen einer Naturkraft, wie der Gravitation und der Kraft, durch die unsere Hand die Dinge bewegt und bearbeitet. Unsere Muskelkraft, mit der wir willentlich agieren, muss auch objektiv und kausal erklärt werden können. Das war das methodische Progamm, das auf einen langen Weg führte: Unser leiblicher „Bewegungsapparat“ konnte schließlich objektiv rekonstruiert werden, mit allen den komplexen chemischen und physikalischen Prozessen, die auf molekularer Ebene ablaufen.

Die große Kluft aber zu unserem Willen und Bewusstsein blieb natürlich bestehen, daran kann auch die heutige Hirnforschung grundsätzlich nichts ändern.

Mit der Erfindung der Dampfmaschine war die Energie mobil geworden. Man brauchte nun nicht mehr zu Fluss und Wind gehen, sondern konnte die Kraftmaschine im Prinzip überall aufstellen. Insbesondere dort, wo – nach den neuen Maßstäben des aufkommenden Kapitalismus – eine größere Produktion aufgebaut werden sollte. 

Die „Industrielle Revolution“ konnte beginnen.

Die Produktion wurde zunehmend mechanisiert. Die vorher handwerkliche Tätigkeit – etwa von Weberinnen oder Schuhmachern – wurde den Menschen buchstäblich aus der Hand genommen, in kleine Schritte zerlegt und in den Rahmen von Maschinen gespannt.

Die kreative, planerische Forschungs-, Entwurfs- und Entwicklungsarbeit wurde den Wissenschaftlern und Technikern zugeteilt, die endlos wiederholende Ausführung, die nur mehr wenig Qualifikation erforderte, wurde zur Sache von Arbeiterinnen und Arbeitern.

Trennung, Teilung und Zerlegung also nicht nur bei den Naturprozessen, sondern ebenso bei den arbeitenden Menschen der sich entwickelnden Industriegesellschaft.

Mitte der 1970er Jahre erregte nicht nur eine „Ölkrise“ aufsehen. Der „Club of Rome“ hatte eine Studie zu den „Grenzen des Wachstums“ herausgegeben, Ivan Illich veröffentlichte eine Reihe von Büchern, in welchen er sich kritisch mit Technik, Wirtschaft und Politik auseinander setzte. Das Buch „Small is Beautiful. Die Rückkehr zum menschlichen Maß. Alternativen für Wirtschaft und Technik.“ gab den Ausschlag dazu, dass wir – einige StudentInnen von Naturwissenschaft und Technik – einen Arbeitskreis „Technik für Menschen“ gründeten. In diesem Rahmen setzten wir uns intensiv mit diesen kritischen Themen auseinander – auch  und vor allem in Hinblick auf unsere spätere berufliche Rolle. 

Immer mehr wurde mir auch wichtig, dass ich neben dem kopflastigen Studium auch etwas mit meinen Händen anfangen konnte. Denn auch die „Praktika“, die ich nach und nach im Rahmen des Studiums absolvierte – „Anfängerpraktikum“, „Festkörperpraktikum“ oder „Elektronikpraktikum“ – verdienten diese Bezeichnung eigentlich nicht. Es war wiederum hauptsächlich Kopfarbeit: Ein gedankliches Jonglieren mit den wissenschaftlichen Modellen und deren instrumentelle Umsetzung; die Tätigkeit der Hände beschränkte sich auf das Aufstellen von Geräten und Stativen, das Drehen von Stellschrauben und das Ablesen von Zeiger-Ausschlägen. Obwohl ich das alles gerne machte, war es doch sehr einseitig.

Die Station „WASSERKREISLAUF“ zeichnet ein wenig das oben skizzierte antike und mittelalterliche Weltbild nach. Die Erde ist hier eine Scheibe, eine kleine Landschaft mit Meer und Hügel. Dunkle Humuserde saugt sich am Ufer mit Wasser voll und erwärmt sich unter dem Licht der „Sonne“, repräsentiert durch eine strake Lampe. Wasser verdampft und steigt in feinen Schwaden auf. 

Über dem Ganzen wölbt sich eine große Kuppel aus Plexiglas – die „Kristallsphäre“ des alten Weltbilds. Diese beginnt bald sich zu trüben: Ein feiner, erst noch kaum merklicher Niederschlag des kondensierenden Wasserdampfs. Die zahllosen, winzigen Tröpfchen beginnen ungleichmäßig zu wachsen und miteinander zu verschmelzen. Im Licht der „Sonne“ sind, aus bestimmten Winkeln betrachtet, Regenbogenfarben zu beobachten. Hat ein Tropfen etwa Erbsengröße erreicht, so kann er sich nicht länger halten und rutscht ab nach unten, zurück ins „Meer“. Der Kreislauf hat sich geschlossen. Der Tropfen hat eine breite Bahn gezogen und leergefegt – hier beginnt das Schauspiel wieder von vorne.

Durch mehrere Löcher in der Kuppel lassen sich die aufsteigenden Dampfschwaden nicht nur besser beobachten – man kann auch hinein blasen und so Einfluss auf sie nehmen.

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